Ein guter Sommer

Wie üblich mag mich mein Langzeit-Erinnerungsvermögen trügen, aber zumindest in Sachen „Quality-TV“ braucht(e) sich der Sommer 2007 in meinen Augen nicht vor dem Rest des Jahres zu verstecken.

An allererster Stelle ist da mit Fug und Recht das formidable „Mad Men“ zu nennen, das sich sogar zu den besten Dramen des Jahres zählen darf. Da wirken viele der „Schema-F“-Piloten für die neue TV-Season doch arg blass daneben. Das ist ganz großes Fernsehen und die Leichtigkeit, mit der die Show den Fokus von Episode zu Episode immer ein wenig zwischen den Hauptcharakteren umverlagern kann, ohne auch nur ein Stückchen von seiner Faszination einzubüßen, zeugt von der Klasse der Drehbücher und Schauspieler. Da werden dürftige Nebencharaktere zu dramatischen Figuren mit einer umfangreichen Backstory ausgefüllt. Die Show nimmt sich Zeit für ihre Protagonisten und schludert auch nicht mit vorhersehbaren 08/15-Storylines. „Mad Men“ ist eine Serie, die alle Hoffnungen, die ihre Pilot-Episode weckte, auch im „Alltagsgeschäft“ der wöchentlichen Episoden voll erfüllen kann. Mehr!

Damages“ ist ebenfalls immer noch spannend und zeigt (neben einer eindrucksvollen Glenn Close) wie man eine mit Rätseln und Irrwegen überfrachtete Show dennoch kurzweilig und für den Zuschauer lohnenswert umsetzen kann. Viele schöne Twists und jedesmal, wenn man denkt, dass man den Autoren auf die Schliche gekommen ist, schlagen die einen wilden, aber plausiblen Haken. So macht Rätseln Spaß.

Californication“ wiederum ist ideales Futter für die Playboy-Zielgruppe. Natürlich schaut das jeder wegen den interessanten Dialogen, vielschichtigen Charakteren (*hust*) und nicht etwa wegen Paula Marshalls Titten.

Ernsthaft, die Show baut fast ausschließlich auf dem Sensationseffekt der Nacktaufnahmen und den effekthaschenden „Ausfällen“ von Duchovnys Charakter. Seinem Charisma als Frauenmagnet und angeblich hochgelobter Autor (der aber bestenfalls mittelmäßige Blog-Einträge veröffentlicht) fehlt es an Glaubwürdigkeit. Aber wie geschrieben, es gibt ja einiges „für’s Auge“ und einige bizarre Szenen voll schlechtem Geschmack, die man so wirklich nicht auf den großen Broadcast-Networks sehen würde. Und das kann auch schon reichen — insofern überrascht mich die Verlängerung von „Californication“ für eine zweite Staffel nicht.

Eureka“ ist auch wieder da, in alter Stärke und ich frage mich immer noch, ob Toby aus „The Office“ ein lang verlorener Bruder von Sheriff Jack Carter ist. Was für eine goldige und putzige Serie, die hoffentlich noch viele, viele Jahre fernab von dem großen Blockbuster-Hype vor sich hinlaufen darf.

Abgerundet wurde der Sommer durch neue Staffeln von „Robot Chicken“, „IT-Crowd“ (welches uns ein neues Bild vom Deutschen und seinen Essensgewohnheiten im Ausland vermittelte — ob wir das auch in der deutschen Fassung sehen werden? 😉 und „Weeds“ (das noch etwas orientierungslos ist und erst noch die Überreste der letzten Staffel aufräumt).

Nicht so begeistert, sogar regelrecht enttäuscht war ich von weiteren Episoden von „Saving Grace“ und „State of Mind“. Während „Saving Grace“ ein gutes Stückchen zu bizarr und überdramatisch wurde, verführte mich „State of Mind“ sogar zum Einschlafen. Ich versuchte wegen Devon Gummersall dran zu bleiben, aber nach Folge drei war es einfach nicht mehr zum Aushalten.

Zu den neuen Piloten später mehr.

8 Antworten

  1. 1
    mb schrieb:

    Vollste Zustimmung. Mad Men ist wirklich großartig. Ich bin sehr gespannt wieviel Liebe sie bei den Award Shows bekommen werden. Bisher wurden ja Serien auf kleinen Networks gerne mal für ihre Heimat bestraft..

    Damages ist so ein spannender Ritt, wie eine gute 24 Staffel. Bin gespannt ob das über die erste Staffel hinaus funktioniert. Was an Glenn Close Performance allerdings großartig sein soll, muss man mir schon erklären. Nicht einmal im Vergleich zu den Laiendarstellern in der Supporting Cast. *hust*

    Bei Cali hänge ich bei Folge 3 fest. Irgendwie ist es zu sehr „Look Ma, we’re on Cable“, wie du schon dargelegt hast. Und David Duchovny als Autor und Womanizer? Da habe ich ihn als „Love Interest“ für Larry Sanders glaubwürdiger gefunden..

    Entourage glänzt nicht mehr so schön und originell wie früher und irgendwie läuft es doch arg „formulaic“ ab. Da weckte das Season Finale allerdings Hoffnung. Bin gespannt, ob sich nächstes Jahr etwas ändert.

    Meine Vorfreude auf Weeds war nach dem letztjährigen Finale eher gering. ZU VIEL. Inzwischen hat mich die Show aber wieder zurück gewonnen. Wird Zeit dass mal was neues neues kommt. 🙂

    Eureka verstaubt bei mir nach enttäuschenden ersten Folgen. Gegen die Konkurrenz stinkt es einfach nicht an. Es stinkt einfach nur.

  2. 2
    bmk schrieb:

    Mad Men gefällt mir immer besser – vor allem, nachdem man diese überbetonten so haben wir uns seit den 60ern weiterentwicklet-Szenen doch merklich zurückgefahren hat (Stichworte rauchen, Kindersitz, ‚gesundes Verhalten in der Schwangerschaft‘). Das Treppensteigen der letzten Episode war ein echtes High Light.

    Damages macht auch mir Spaß. vermutlich braucht man sich aber keine Sorgen wegen eines Qualitätseinbruches in der zweiten Staffel zu machen: in einem Variety-Artikel wurde die Serie jüngst als Flop im Atemzug mit Heartland genannt …

    Californication schaue ich zwar auch weiterhin, aber ich warte immer noch auf das Auftauchen eines Charakters, der halbwegs sympathisch ist.
    Und als jemand, der Paula Marshalls Karriere seit knapp einer Dekade verfolgt, war der Nacktauftritt für mich echt mal ein Schocker. Da musste ich zur Beruhigung erst mal ein wenig freundliches Mutter-Tochter banter aus Out of practice zur Beruhigung konsumieren.

    Entourage hat auch in meinen Augen nachgelassen. Wenn ich den Player anmache, ist es nicht mehr die erste Sache, die ich sehen muss.

    Saving Grace steht bei mir jedoch hoch im Kurs. Ich war ziemlich geknickt, als ich mitbekommen habe, das von der ersten Staffel nur neun Episoden geordert wurden.

    Burn Notice wächst mir – vor allem als alter Shadowrun-Spieler zunehmend Herz. Mal wieder ein Beispiel dafür, dass man sich von einer Pilotepisode, deren Ton einem nicht gefällt, nicht ins Bockshorn jagen lassen darf.

    State of Mind hatte nach einer sehr schönen und intensiven Pilotepisode auch nicht mehr viel zu bieten.

    The IT Crowd hab ich grade erst angefangen, 1×03 war die erste Episode, die mir gefallen hat. Mal schauen wie 1×04 so wird, und dann kommt ja auch schon das Schaf.
    Eureka ist so ein Fall, wo ich noch hart daran arbeiten muss, mich von der Pilotepisode nicht ins Bockshorn jagen zu lassen …

  3. 3
    jessi schrieb:

    Da wir ja den Sommer über solche interessanten Serien hatten, wie „Jekyll“ und „JfC“, gabs kein wirkliches Sommerloch. Hinzukommend die ganzen Pilots und die Neulinge:

    Mad Men Von Anfang an ganz großes Fernsehen. Da freu* ich mich über jede einzelne Minute. Erwische mich öfter dabei, dass ich unten auf den VLC-Player gucke und denke:“Oh, schön, noch weitere 20 Minuten.“ Einfach ne tolle Atmosphäre, tolle Charaktere, Schauspieler.
    Da ich kein Zeitzeuge bin, finde ich es besonders interessant, wie anders man vor gerade mal 40-50 Jahren lebte.. Gerne mehr davon! Wobei ich persönlich es nicht so entscheidend finde, wann nun was besser oder schlechter war/ist – darin, die Unterschiede aufzuzeigen, liegt noch lange keine Wertung. Das kann man dann für sich persönlich entscheiden.

    Damages Joa, nett.. Aber haut mich nun auch nicht aus den Schuhen. Die Hauptdarstellerin ist mir zu naiv, ihr Arbeitskollege zu schmierig. Von der Handlung her unterscheidet es sich nicht groß von jedem mittelmäßigem Thriller. Herausragend die Szene mit Ted Danson und seinem Ghostwriter, wo so richtig deutlich wird, was er für ein arroganter, Geldsack mit Realitätsverlust ist..

    Californication Großartig! Und ich schaue es gewiss nicht wegen den Brüsten – hab ja nen Spiegel.. 😉 Obwohl es wirklich interessant zu sehen ist, was aus der Nanny’s kleinen Gracie geworden ist. David Duchovny als Womanizer Typ Arschloch-Kategorie? Köstlich! Californication ist einfach so wunderbar dreckig und nochmal dreckig. Und ja, ich mag die Dialoge. Und die Charaktere. Und dies beides reicht einfach schon aus. So viele amüsante Szenen, da brauch‘ ich noch nichtmal mehr ne Handlung.

    Saving Grace Von den irgendwie symphatischen Charakteren aus Californication zu nun durch und durch unsympathischen aus Grace: Da ist ja jeder einzelne unerträglich. Eine peinliche und unangenehme Holly Hunter in einer ordinären Crime-of-the-Week-Serie, die bisher völlig unnötig mit dem Gott/Engel-Thema verquirlt wurde. Da fließt soviel Wodka, dass die Atmosphäre ungefähr so ist, wie an einem Sonntag nach viel zu harter Nacht. Irgendwie unwohl, ernüchternd, unfrisch.. Katerstimmung eben. Zum Vergleich: Cop-Serie mit Charakteren, die einem alle irgendwie ans Herz gewachsen sind? – The Closer.
    Und wo die mit Earl letztendlich hinwollen? kein Plan. In meinen Augen ein misslungener Versuch, das Cop-Thema aufzupeppen. Ne, .. unterste Schublade. So aufregend, wie Oma beim Broteschmieren zuzugucken..

    Burn Notice Mac Gyver mit Ecken und Kanten (und besserer Frisur), der keine Ambitionen hat, die Welt zu retten, sondern sich selbst – und dabei durchaus auch seine menschlichen Seiten zeigt. Netter Humor, hübsche Mitspielerin. Netter Zeitvertreib: unterhaltend aber nicht fordernd.

    The IT Crowd Köstlicher Humor. Wo andere Comedies Angst haben, einen Gag zu überziehen, setzen sie völlig schmerzfrei nochmal einen drauf. Wo er woanders schon als totgeritten gilt, reissen sie ihn einfach nochmal Nach dem Motto:“einer geht noch!“. In meinen Augen funktionierts. Denn man rechnet einfach damit nicht, ist es nicht gewohnt. Und irgendwann hat man nur noch Tränen in den Augen. Man denke nur an „I’m disabled!“ oder die Raucher/Sowjet-Geschichte. Vielleicht nicht jedermanns Sache, aber mich amüsiert’s.

  4. 4
    mak schrieb:

    Was „Mad Men“, „Damages“ und „Californication“ kann ich soweit zustimmen. Bei HBO haben mir nur „Flight Of The Conchords“ und „Big Love“ diese Season wirklich überzeugt. „Entourage“ läuft seiner alten Form etwas hinterher, auch wenn es Dank Jeremy Piven und Kevin Dillon immer noch sehr gut schaubar ist. „John From Cincinnati“ würde mir zu „weird“ und der Pilot von „Tell Me You Love Me“ macht mir auch nicht unbedingt große Hoffnungen.
    Ansonsten fand ich die Spike-Mini-Serie „The Kill Point“ ganz nette Sommer-Unterhaltung ohne großen Anspruch.
    Was die neuen geleakten Piloten angeht: „Journeyman“ hat mir sehr gut gefallen, während mich „Life“ nicht wirklich überzeugen konnte.

  5. 5
    TVLuke schrieb:

    Ich mag „Saving Grace“ irgendwie sehr. Natürlich ist das ganze irgendwie orientierungslos, aber mir macht es Spaß, schon allein wegen der Unkorrektheit. Genauso finde ich „Californication“ klasse, und nicht wirklich wegen der visuellen Komponente, die ja mit jeder Episode zurückgeschraubt wird, sondern weil das ganze irgendwie extrem cool ist. Ich bin vom ganzen Sommer eigentlich extrem begeistert, bis auf “Flight Of The Conchords”, das ist irgendwie nicht mein Humor…
    Diesen Herbst dagegen, kommt eigentlich nur eine Serie in die ich ernsthaft Erwartungen setze: „Pushing Daisies“.

  6. 6
    sab schrieb:

    „Burn Notice“ fiel bei mir vor allem aus Zeitgründen unter den Tisch, ebenso wie dieses Jahr „Psych“ und „Monk“. Das sind alles so „feel good“-Nebenbei-Shows, auf die man sehr schnell verzichtet, wenn die Zeit eng wird.

    Was an Glenn Close Performance allerdings großartig sein soll, muss man mir schon erklären.

    Ach, ich finde sie klasse als eiskalter Boss ohne jegliche Skrupel. Aber dennoch deutet sie immer an, dass sich hinter der Fassade mehr verbirgt, beispielsweise als sie mit ihren Todesträumen konfrontiert wurde oder ihren Sohn recht eigenwilligen Erziehungsmethoden unterwirft. Mir gefällt aber auch Ted Danson in seiner Rolle als Kotzbrocken.

  7. 7
    Gotthilf schrieb:

    Damages:
    Bisher finde ich die Serie leider nur Durchschnitt. Glen Close Leistung ist für mich eine der besten in der Show aber auch der Rest des Cast schlägt sich neben ihr sehr gut. Leider finde ich die Dialoge mitunter nicht besoders originel, ich habe oft das Gefühl, diesen oder jenen Satz hätte ich schon zu oft in bekannten Hollywoodthrillern gehört. Auch gefällt mir die visuelle Diskrepanz zwischen dem Haupthandlungsstrang, in dem uns ja die Vergangenheit gezeigt wird, und den jüngeren Erinnerungen an die Morde bzw. die Gefängnisszenen nicht. Das sieht mir zu sehr nach Effekthascherei aus und ich meine, das ist unnötig.

    Californication:
    Naja, ich muss bekennen ich lache mich beim Anschauen mitunter halb tot. Natürlich ist das nicht alles so glaubwürdig, aber andererseits weiß ich auch nichts davon, wie sich ein Ex-NewYorker Schriftssteller in LA fühlen würde nachdem in seine Fast-Frau verlassen hat die er immer noch liebt. Auch das mit den Frauengeschichten und die ständigen Nacktszenen sieht wirklich nach Effekthascherei aus und ist nicht ganz glaubwürdig.
    Aber: Ich lache. Hank ist herrlich sarkastisch, er säuft, schlägt sich und sein Kampf gegen den neuen Lebensgefährten seiner Exfreundin bringt Hass, Verzweiflung, Torheit aber auch Liebe und Wärme in die Show. Ich denke ich nehme die Show nicht so ernst, sondern begreife sie mehr als eine Serie in der Kategorie von Scrubs.

  8. 8
    alex pardini schrieb:

    Californication
    Zeitgeist pur. Keine andere Serie fängt diesen so stark ein wie diese. Habe mir gestern Episode 5 angetan. So langsam kommt auch eine Spur „Tiefe“ in die Serie.
    Dialoge und Bild sind haarsträubend genial. Californication macht Spass.

    Mad Men
    Was soll man da noch gross sagen. Womöglich das stärkste was zur Zeit als TV-Serie läuft.

    Damages
    Wird sich wohl kaum länger als 1-2 Staffeln halten können. Ich hoffe die Macher erkennen dies auch. Damages ist ok für zwischendurch.

    Tell Me You Love Me
    Die erste Folge lief eben an. Bin noch unentschlossen. Sehr freizügig. Gleichzeitig aber auch sehr ehrlich. Die erste folge stimmte mich nachdenklich. Mal sehen wie die Serie sich weiterentwickelt.

    Flash Gordon

    Bitte nicht…

    Journeyman
    Erste Fogle ganz ok. Abwarten.

    Life
    Krimi-Serie. Auch hier die erste Folge ganz ok. Womöglich eher was für zwischendurch. ;o)

    So, genug. Sonst hört das ja nie mehr auf. :o)

    Gruss
    Alex

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