Melissa & Joey

Es ist wohl kein grosses Geheimnis, dass ich eine aggressive Allergie gegen 08/15-Sitcoms mit Laughtrack habe. Sich kräuselnde Fussnägel, Facepalms und Bissspuren im Inventar rund ums heimische Sofa sind die üblichen Folgen des unvorsichtigen Genuss von Biohazard-Ware wie „Hank“, „Romantically Challenged“ oder „Accidentially on Purpose“.

Entsprechend argwöhnisch war ich bei der Ankündigung der neuen Spätsommer-Serie „Melissa and Joey“ von ABC Family. Wieder mal der Versuch mit alternden TV-Persönlichkeiten aus vergessenen Zeiten und einem tausendfach erprobten Konzept zumindest einen soliden No-Risk-Hit auf die Beine zu stellen. Der Aufhänger dieses klassischen Sitcom-Rezepts ist immerhin schon so simpel, wie es das Sitcom-Kochbuch nun mal verlangt: Erfolgreiche Karrierefrau stellt eine männliche Nanny ein, um ihre elternlosen Nichte und Neffen zu betreuen. Natürlich hat das ungleiche Paar sofort unverkennbare Chemie, was aber — wie in der Serien-Parallelwelt üblich — die beiden Protagonisten mindestens bis zum Season-Finale erstmal nicht wahrnehmen dürfen. Also nur eine leicht modifizierte Version früherer Erfolge wie „The Nanny“ oder dem Tony-Danza-Klassiker „Who’s the Boss?“ — beides zwar „nice to watch“-Shows, aber nicht gerade Aspiranten auf das Attribut „Lieblingsserie“ in meiner kleinen Popkultur-Welt.

Und im Grunde fällt auch „Melissa & Joey“ in diese Schublade, was angesichts der jüngsten Missgriffe aus dem Sitcom-Universum (siehe oben) eine recht positive Überraschung darstellt. Bereits die Namen Melissa und Joey dürften bei derjenigen Generation für ein gewisses Leuchten in den Augen sorgen, die in den 1990er Jahren als Teenager das ARD-Programm verfolgten. Die inzwischen 34jährige „Melissa“ Joan Hart ist mir auf alle Zeiten als allwissende „Clarissa Darling“ in Erinnerung (den Jüngeren wohl vorwiegend als Hexe „Sabrina“). Der nur zwei Tage jüngere „Joey“ Joseph Lawrence wiederum wird nie sein tolpatschiges Alter Ego „Joey Russo“ aus „Blossom“ loswerden. Insbesondere, wenn er wie letzte Woche durch einen der skurrilsten Schauspieler-Unfälle der jüngeren Zeit in die Schlagzeilen der Humor-Rubriken gerät: Er wurde von einem Drehbuch im Auge(!) getroffen, worauf seine Hornhaut riss. Ausserdem nutzt er wohl inzwischen eher einen Rasenmäher statt einen Friseur ;-).

Vielleicht auch wegen dieser langen Karrieren (mit Höhen und Tiefen und viel, viel Durchschnitt) haben die beiden ehemaligen Teen-Stars in den letzten zwanzig Jahren fleissig ihre Hausaufgaben in der Comedy-Schule gemacht: Beide haben ein solides Comedy-Timing im Blut, können aus jeder Punchline durch vielfältige Mimik und Gestik noch ein wenig mehr herausquetschen und sie haben unzweifelhaft richtig viel Spass miteinander vor der Kamera zu stehen (es ist nicht ihr erstes gemeinsames Projekt). Kombiniert mit einem oftmals Sitcom-typisch vorhersehbaren, aber insgesamt geniessbaren Skript ergibt sich nach den ersten drei Folgen ein durchaus akzeptables Resultat. Die Show ist kurzweilig, sofern man seine Ansprüche nicht zu hoch schraubt und ist einer der solidesten Vertreter des „richtig klassischen“ Sitcom-Genres mit Sofa und Laughtrack der jüngeren Zeit. Ich kann es also Freunden dieses Serientypus als Sommerfüller (und mehr) durchaus empfehlen, und sei es nur, um sich daran zu erinnern, dass die Zeit auch an „Melissa and Joey“ nicht spurlos vorübergegangen ist.

11 Antworten

  1. 1
    Lars schrieb:

    Melissa Joan Hart ist mir auch noch aus Clarissa-Zeiten (das war aber Nickelodeon oder nicht?) und natürlich Sabrina in Erinnerung, während mir Joey Lawrence absolut nix sagte.
    Der Artikel ist aber ein wenig fies geschrieben. „Alternden TV-Persönlichkeiten“ und „Inzwischen 34jährige “Melissa” Joan Hart“ sind schon etwas kuriose Bezeichnungen für gar nicht so alte Schauspieler. Einige andere Schauspieler hatten ihren Durchbruch z.B. erst in wesentlich späteren Jahren und ich denke, dass man von beiden auch nach „Melissa und Joey“ noch was hören wird.

  2. 2
    bmk schrieb:

    Bei mir fällt das Fazit etwas schlechter aus (ich denke mal, weil ich weder Clarissa noch Blossom kenne und beide Darsteller bei mir weniger Fanboy-Bonus haben).
    Trotzdem deckt die Serie bei mir einen „Ich brauch was kurzes zum Schauen in der Mittagspause“-Platz in der Woche ab…

    @Lars: Ich finde jetzt nicht, dass das fies geschrieben ist. Ich lese da zwischen den Zeilen auch so ein bisschen ein die sind mit mir zusammen gealtert.

    P.S. ich bin ein bisschen älter als Sab und kenne Clarissa nicht. Was das wohl heißen mag…

  3. 3
    Donnie schrieb:

    Clarissa sah ich damals, als es noch auf dem alten Nickelodeon und später dann auf Super RTL lief. Blossom hingegen kannte ich nie. In „Melissa und Joey“ habe ich aber nicht reingestellt, weil mich die Serie nicht sonderlich interessiert und ich Melissa Joan Hart eh immer für eine eintönige Schauspielerin hielt und wenn es dann noch auf ABC Family läuft, bin ich ganz weg.

  4. 4
    sab schrieb:

    Nah, „fies“ wollte ich definitiv nicht sein. bmk hat das schon richtig erkannt, die beiden sind meine Generation (ich bin fünf Monate älter) und deren 90er-Serien gehörten zu den ersten Shows, die ich mühsam im englischen O-Ton hörte (bei „Blossom“ dank ARD Zweikanal-Ton). Da schaltet man bei deren Erwähnung automatisch in den „Nostalgie-Schwelg“-Modus.

    Für einen AOL-Live-Chat mit Melissa hatte ich mich in den Hochpreis-Anfangstagen des WWW sogar mal tief in der Nacht „just for fun“ eingeloggt. Dass sie dann sogar eine meiner Fragen auswählte und beantwortete, war für mich einer dieser „Oha“-Momente, die mir zeigten, welche verrückten Möglichkeiten das Web bieten könnte. (Dabei gehört(e) Melissa noch nicht mal zu meinen Lieblings-Schauspielerinnen).

    Ich bin jetzt aber auch am Überlegen, wo ich „Clarissa Explains it All“ seinerzeit gesehen habe. Eigentlich dachte ich WDR, aber laut Wikipedia liefs wohl wirklich nur mit einigen Jahren Verspätung auf Nick in Deutschland. Vermutlich kam das aber auch mal in den 90ern auf einem der britischen Satelliten-Kanäle, als die noch uncodiert waren.

    Ich weiss nicht, wie „Blossom“ oder „Clarissa“ heute nach all den Jahren noch für Neueinsteiger ohne Nostalgie-Effekt „geniessbar“ wären, aber sie waren IMHO schon „wichtige“ Klassiker des Teen-TV.

  5. 5
    dent42 schrieb:

    Um es mit den unsterblichen Worten eines Homer Simpson zu sagen:

    BOOOOOOOOOOOOOOOOOOORING!

    Ok, ist nur ein Wort, reicht aber.

  6. 6
    Hendrik schrieb:

    Clarissa lief auf dem ersten Versuch, Nick (damals Nickelodeon) in Deutschland zu platzieren. Muss wohl Mitte bis Ende der 90er gewesen sein. Jedenfalls glaube ich, damals noch bei meinen Eltern gewohnt zu haben. Aber in unserem Altern geht das eben los, mit dem Gedächtnis.

  7. 7
    kokett schrieb:

    Heisser Comedy Tipp aus UK:

    Pete versus Life

  8. 8
    GG schrieb:

    Muss absolut zustimmen, hab seit „Life & Times of Tim“ nicht mehr so gelacht.

  9. 9
    SaschaW schrieb:

    Habe mich immer gefragt, was aus der Lawrence Sippe geworden ist. In den 90ern waren die ja alle 3 extrem beliebt und ständig in Serien und Filmen vertreten. Gehört habe ich von der neuen Serie. Geschaut habe ich sie bisher noch nicht.

    Irgendwie habe ich mit Melissa Joan Hart als Mutter von Teenagern ein Problem. Die mag mittlerweile zwar 34 Jahre alt sein, sieht aber deutlich jünger aus. Ich kann ihr die Rolle dahingehend kaum abnehmen.

  10. 10
    sab schrieb:

    @SaschaW: Das „Problem“ mit dem Alter haben wohl auch die Produzenten der Show erkannt: Melissa Joan Hart spielt lediglich die Tante der Kids, die wohl AFAIR Waisen sind.

  11. 11
    Anonymous schrieb:

    @sab, saschaW: Das mit den zu jungen Müttern ist ja nichts neues in US-Serien (Gilmore Girls, Life Unexpected und und und (aka spontan fällt mir gerade nichts ein, wir hatten bei Serienjunkies aber mal die Diskussion und sind auch diverse Fälle gekommen)). Und da geht es nicht mal um das Verhältnis der Darstellerinnen Mutter-Tochter zueinander, sondern um die Frage „Wenn die Mutter-Figur so alt ist, wie die Mutter-Darstellerin, wie alt war sie dann bei der Geburt ihrer Tochter-Figur (deren Alter man ja meist anhand der Schulklasse abschätzen kann bzw. das ja eher thematisiert wird, als das genaue Alter der Mutter)“.

    Die Kids bei Mel & Joey sind übrigens keine Waisen (also Sascha Alexander! 😉 ): Mutter ist im Knast, Vater auf der Flucht vor dem Gesetzt, nachdem die beiden einen Finanzskandal ausgelöst haben, der eben Joey unschuldiger Weise mit nach unten gezogen hat.

    Was den weitern Verlauf von Melissa & Joey angeht: Die Serie hat sich so eingepegelt, wie ich es erwartet habe: Was, um damit die Mittagspause zu füllen.

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