Medium – Nichts bleibt verborgen

medium_arquette.jpgGleich ein weiterer erwähnenswerter Serienneustart in Deutschland: „Medium“ auf Kabel Eins ab morgen (Mittwoch) um 20:15/21:15.

Diese Show kam um einen deutschen Beititel leider nicht herum, der Titel der Pilotepisode „Anwältin der Toten“ hätte mir notfalls noch besser gefallen, aber der ist ja schon durch andere Shows belegt.

Interessant ist die Wahl innerhalb der ProSieben Senderfamilie für „Medium“. Offenbar will man Kabel Eins unter anderem auch (weiterhin) in Richtung Mystery positionieren. Im Sommer wird Kabel 1 auch die neue CBS Serie „Ghost Whisperer“ mit Jennifer Love Hewitt zeigen (möglicherweise im Anschluss an den Durchlauf von „Medium“), vom Konzept sind beide Serien eng miteinander verwandt. Im Stil gibt es jedoch markante Unterschiede — wie vor zwei Jahren auch schon „Wonderfalls“ und „Joan of Arcadia“.

Wie gestern schon mit „Grey’s Anatomy“ will ich auch hier mit einer Inhaltsangabe wenig Zeit verlieren und bediene mich bei Kabel Eins:

Allison Dubois (Patricia Arquette) ist ein Multitalent: Mutter von drei Kindern, Ehefrau und Jura-Studentin, die in einem Anwaltsbüro in Phoenix arbeitet. Sie entdeckt, dass sie Gedanken lesen und mit Toten reden kann und in ihren Träumen die Zukunft sieht. Verständnis sucht sie bei ihrem Ehemann Joe (Jake Weber), einem Raumfahrt-Ingenieur, der langsam zu glauben beginnt, dass seine Frau die Wahrheit sagt.

Die große Herausforderung ist es, auch ihren Chef, D.A. Devalos Miguel Sandoval), davon zu überzeugen, dass ihre psychischen Fähigkeiten Unterstützung leisten können bei der Lösung von Kriminalfällen und schrecklichen Verbrechen …

Patricia Arquette und die echte Allison DuboisInteressant ist die Tatsache, dass die von Kelsey Grammer („Fraiser“) produzierte Show auf echten Personen und Geschehnissen basiert. Allison Dubois existiert wirklich, ihre übersinnlichen Fähigkeiten haben sie in den USA bereits recht bekannt gemacht, sogar das unvermeidliche erste Buch ist bereits auf dem Markt. Ihr familiäres Umfeld wurde ebenfalls in der Serie 1:1 kopiert, inklusive ihrer drei Töchter (die laut Allison ihre Fähigkeiten geerbt haben) und Ehemann Joe. Die „echte“ Allison taucht auch in den Credits von „Medium“ als Beraterin auf.

Genau dort liegt die Stärke der Show: Trotz des phantasievollen Sujets hat die Serie ihre Füße im Vergleich zu anderen Serien des Genres überraschend fest am Boden der Realität, die Charaktere und ihre Macken sind absolut glaubwürdig gezeichnet. Die Art und Weise wie Allison versucht, ihren stressigen Alltag trotz ihrer ungewöhnlichen und anstrengenden Gabe zu bewältigen, ihre aufgeweckten Kinder im Zaum zu halten und ihre Ehe interessant zu gestalten, wirkt nachvollziehbar und „echt“. Es gibt die aus vielen Familien bekannte morgendliche Hektik, Streitigkeiten zwischen den Eltern, Diskussionen darum wer die Kinder zur Schule bringt und so weiter…

Die Schauspieler profitieren offensichtlich sehr davon, ihre Charaktere von realen Personen ableiten zu können und von ihnen inspiriert zu werden. Patricia Arquette liefert (ebenso wie Jake Weber) eine exzellente Performance ab und hat daher auch zu Recht 2005 den Emmy für die beste Hauptdarstellerin in einer Drama-Serie erhalten. Die heimlichen Stars der Show sind die drei Kiddies der Familie Dubois, da hat man ein paar Goldstücke ausgegraben. Insbesondere Maria Lark als zweitälteste Tochter Bridgette ist einfach zum Knuddeln goldig und das Comedy-Highlight der Show — wie erwartet geht jedoch davon in der Synchronisation fast alles verloren (Im Übrigen halte ich die Synchro aber für recht gelungen und unauffällig).

medium_family.jpgDie Übereinstimmungen mit der Realität hören verständlicherweise bei den jeweiligen Mystery-Storylines der Woche auf, da ist viel künstlerische Freiheit im Spiel. Aber diese „künstlerische Freiheit“ wird vernünftig eingesetzt, die Serie ruht sich nicht auf „sicheren“ Konzepten aus, jede Episode verläuft etwas anders, so wie jeder Fall auch seine Eigenheiten hat. Der Zuschauer wird oftmals geschickt auf einen falschen Pfad geleitet und mit überraschenden Storytwists konfrontiert. Nicht umsonst hat es eine Episode aus der zweiten Staffel auf meine „Best of 2005“-Liste geschafft (“Time Out of Mind”). Gleichzeitig gibt es auch übergeordnete Story-Arcs … oder besser „Themen“, wie beispielsweise Allisons Sorge um die Fähigkeiten ihrer Kinder, die oft in B-Stories verarbeitet werden. Da verzeiht man der Show auch schon mal solche Publicity-Stunts wie eine spezielle 3D-Episode, die mit und ohne 3D-Brille besser ignoriert werden sollte.

Fazit: „Medium“ gehört in meinen Augen zu den derzeit besten Full-Hour Serien, und ohne Zweifel zu den letzten Rettungsankern von NBC. Die werden sich hüten, die Serie nicht für eine dritte Staffel zu verlängern. Wen dürfte diese Serie interessieren? Natürlich in erster Linie Mystery/Fantasy-Fans — zwar gibt es hier keine Aliens oder weltweite Verschwörung a la „X-Files“, aber die Serie nimmt interessante Anleihen an Shows wie „Twillight Zone“ und „Outer Limits“. Im gewissen Sinne ist es auch gleichzeitig eine erwachsene Version von Serien wie „Joan of Arcadia“. Dazu eine spannende Krimiserie. Und nicht zuletzt auch eine realistische Familienserie. Auf der anderen Seite dürfte die ruhige, manchmal fast etwas weinerliche Darstellung von Patricia Arquette auf Dauer bei manchem Zuschauer auf wenig Gegenliebe stossen. Ebenso die kreativen Freiheiten, die man sich an einigen Stellen nimmt — da Allison bei einem Staatsanwalt arbeitet, ist der natürlich auch prompt Dreh- und Angelpunkt aller Ermittlungen, selbst Polizeiarbeit findet plötzlich beim Staatsanwalt statt. Aber das sind eher kleinere Schönheitsfehler.

Kabel 1 zeigt die 16 Episoden der ersten Staffel. Diese Woche kommt eine Doppelfolge, ab nächster Woche läuft die Serie dann um 21:15, nach „Best of Formel Eins“. Die DVD der ersten Staffel erscheint im Mai in den USA auf DVD.

2 Antworten

  1. 1
    natas schrieb:

    Was ist das eigentlich mit den Deutschen und ihren lächerlichen Beititeln?

    Sind wir wirklich so verblödet, dass Filmtitel immer eine Inhaltsangabe in Form einer BILDschlagzeile haben müssen?

    Wer hat diesen Trend eigentlich losgetreten?

    In der Literatur scheint das kaum vorzukommen (Berlin Alexanderplatz: Vom Knacki zum Zuhälter ;), aber es scheint sich auch nicht auf englische Titel zu beschränken.

    Solche Kleinigkeiten zeigen, wie man hierzulande den potentiellen Rezipient einschätzt.

  2. 2
    Trapnamara schrieb:

    VOX scheint einiges von RTL gelernt zu haben.Man strahlt nämlich 2 Folgen von CSI gegen den Auftakt von Medium aus.
    Oi.

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