Der neue Doctor bleibt der beste Doctor (2)

Zugegeben, ich bin etwas spät dran … die finale Doppelfolge der neuen „Doctor Who“-Staffel hatte ich mir bis gestern als besonderes „Gourmet“-Stückchen für den gepflegten Wochenendausklang aufgehoben. In der trockenen Sommerseason muss man die wenigen Highlights ja besonders pflegen. Und „Big Bang“ war ein hervorragendes Festmahl als Abschluss einer rundum gelungenen Staffel.

Nach dreizehn Episoden kann man nun beruhigt feststellen, dass die Vorschusslorbeeren für Headwriter Steven Moffat alles andere als unangebracht waren. Da gab es zu Beginn zwar sicherlich die Befürchtung, dass ich die neuen „Who“-Episoden nur schon alleine wegen der Präsenz von Autor Moffat durch die rosarote Brille gesehen hätte. Sicherlich hatte die Staffel ein paar kleinere Durchhänger (die „iDaleks“ in marketing-optimierten Farben, das alljährliche Kostümfestival mit Vampiren in Venedig), aber insgesamt war das eine nahezu perfekte „Doctor Who“-Staffel.

Einen Großteil des Lobs kann sich dabei Matt Smith abschneiden, der geradezu spektakulär ideal in die Rolle des Doctors passte und dem jahrzehntealten Charakter richtig neuen Schwung gab. Dabei wahrte er aber Respekt vor den Interpretationen der Rolle seiner Vorgänger und integrierte sie subtil in seine eigene Performance. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich jemals Zweifel hatte, dass er Tennants Fußstapfen ausfüllen könnte. Smiths Darbietung kann man gar nicht genug in den höchsten Tönen loben, der Mann kann das ganze „Who“-Portfolio von „himmelhoch jauchzend“, über humorvolle Zeitreise-Paradoxen-Erklärungen bis hin „zu Tode betrübt“ mit solcher Hingabe und Selbstaufgabe innerhalb der gleichen Szene dermaßen überzeugend darstellen, dass man nur noch staunend vor dem Bildschirm sitzt. Sein herzzerreißender Abschied von der kleinen Amy in der letzten Folge war dann auch der beeindruckende Höhepunkt der dramatischen Seite seines „Doctor Who“-Charakters.

Und natürlich auch Karen Gillan als neue Sidekick-Begleiterin Amy Pond. Wenn sie mit aufgerissenen Augen und brennenden Haaren auf das Unbekannte losstürmt, erliegt man innerhalb von Sekunden ihrem energiegeladenen Charme. Selbst mit dem „Rory“-Charakter vermieden die Macher zwar einigermaßen erfolgreich das drohende „fifth wheel“-Ungemach und bauten Amys Verlobten zu einem sympathischen Co-Companion aus. Allerdings ist die Chemie zwischen Amy und dem Doctor immer noch extrem ungleich größer als die zwischen Amy und Rory, deren Beziehung über den Verlauf der Staffel immer wieder mühsam gerechtfertigt werden musste.

Ausdrückliches Lob hat sich auch der Rest der Produktion verdient, der Instrumental Score (nicht nur) in der finalen Doppelfolge war großartig und Kameraarbeit und Beleuchtung über den Verlauf der gesamten Staffel auf dem Niveau großer Leinwand-Produktionen.

Auch im Bezug auf die Story bot diese Staffel viel bunte Abwechslung mit vielen klassischen „Who“-Elementen, aber auch reichlich modernen Facetten. Sie hob sich angenehm vom Gigantismus der späten Russell-Davis-Jahre ab, selbst der traditionelle „Big Showdown“ im Finale stellte trotz der katastrophalen Auswirkungen ganz klar die Hauptfiguren und ihre Beziehungen in den Mittelpunkt. Aufmerksame Fans wurden in ihrem Verdacht bestätigt, dass über die Staffel viele kleine „Easter Eggs“ und Foreshadowing-Bausteine verteilt waren (insbesondere der vermeintliche Jackett-Produktionsfehler in der Steinengel-Episode), deren Payoff dann tatsächlich höchst gelungen im Finale erfolgte. Dazu hatte die Staffel viele sympathische Geschichten erzählt, von denen einige mal mehr oder weniger im traditionellen „Doctor Who“-Universum verankert waren. Moffat hat dazu zwar auch seine Story-Schatzkiste aus der „Blink!“-Episode und „Silence in the Library“ erneut hervorgekramt, aber zu einem Gänsehaut-tauglichem Abschluss gebracht.

Ich freue mich auf hoffentlich viele weitere „Doctor Who“-Staffeln mit dem neuen „Dream-Team“ Moffat, Smith und Gillan. Gespannt warte ich auf die weitere Entwicklung der Beziehung zwischen River Song und dem Doctor in Series 6. Da ist mir auch recht egal, ob an den Gerüchten rund um einen US-Spielfilm mit Johnny Depp (und Russell Davis) nun ‚was dran ist oder nicht (die BBC dementiert). Ich brauche nur einen besten Doctor.

8 Antworten

  1. 1
    Michael schrieb:

    Dein Doctor Who Fazit ist äußerst positiv.
    Ich fand dieses Resümee deutlich treffender:
    http://www.fuenf-filmfreunde.de/2010/06/27/doctor-wtf-ruckblick-auf-die-5-season-von-doctor-who/

  2. 2
    juliaL49 schrieb:

    Jawollja, das war die bisher beste Staffel seit 2005 und ich bin sogar geneigt, Eccleston vom Thron zu stoßen, denn Matt Smith ist fantastisch bzw. überhaupt stimmt alles, wie du richtig bemerktest. Der Beitrag bei F5 dagegen war einfach nur der Rant eines beleidigten Tennant-Fans. Ich finde David Tennant auch fantastisch, aber der Sinn von Doctor Who sind die verschiedenen Doktoren und bei der Einführung des neuen hat Steven Moffat (fast) alles richtig gemacht. Wobei ich sagen muss, dass ich die harsche Kritik an RTD nie nachvollziehen konnte, so war es genau der richtige Zeitpunkt, dass er abgegeben hat. Wäre bei JNT genauso gewesen, wenn er nach dem fünften Doktor Schluss gemacht hätte, dann würden ihn jetzt nicht alle verdammen für den Blödsinn, den er danach angestellt hat.

    Ich habe die meisten Folgen zweimal gesehen und werde es wieder tun (von wegen Sommerpause und außerdem gibt es erst Weihnachten wieder Nachschub) und darauf habe ich bisher bei keiner Staffel so sehr gefreut wie bei dieser. Weihnachten kann gar nicht schnell genug kommen!

  3. 3
    Anonymous schrieb:

    Die 5. Staffel hatte meiner Ansicht nach ihre höhen und tiefen. Ich denke, Moffat und sein Team wollten es (unglücklicherweise?) allen Recht machen, sowohl den Hardcorefans der ersten Stunde als auch einer Generation von Neueinsteigern.
    Heraus kam etwas sehr durchwachsenes. Der Doctor wirkte wie ein Mischmasch aus allen möglichen alten Versionen. Ihm fehlte etwas wirklich eigenes (neben „Geronimo“). Seine Companions wirkten noch etwas unausgegoren, waren jedoch immer gut für einen Comic Relief. Hier erwarte ich mehr in der nächsten Staffel.
    Von den angesprochenen höhen gab es meiner Ansicht nach mehr als von den Tiefen. Meine Favoriten waren The Beast Below (eine kleine neue Facette beim Doktor, welches es so aber schon zum Teil beim 7. Doktor gegeben hat, nämlich das wohl vieler über das einer einzigen Kreatur zu stellen), Amy’s Choice (die Auflösung das der Dream Lord der Doctor war ist klasse und lässt auch mehr Dunkelheit in der kommenden Staffel hoffen) und ein sehr spannendes Finale (ok, hier streiten sich die Geister, aber ich fands super).
    Mit dem Big Bang ergeben sich übrigens viele weitere Möglichkeiten für die kommende Staffel. Als alter Comicfan hab ich schon viel gesehen. Ein solches Ereignis wurde oftmals als Möglichkeit für einen Reboot genutzt. Ich glaube also, in der nächsten Staffel gibt es endlich mehr Galifrey, wieder den Master und (hoffentlich) Icewariors oder Yetis (meine Favorites der Classic Series).

  4. 4
    SaschaW schrieb:

    Mir geht das ähnlich wie Julia. Ecclestone war mein Lieblingsdoctor seit 2005. Tennant war zwar super aber an Ecclestone kam er meiner Meinung nicht heran. Vielleicht lag das auch an RTD, dessen Skripte ab S1 nicht umbedingt besser wurden. Matt Smith finde ich fantastisch und ich war im Vorfeld sooooo unzufrieden mit der Wahl. Mittlerweile schäme ich mich fast für diese Worte. Matt Smith hatte mich direkt in den ersten fünf Minuten. Müsste ich nun nach einer Staffel Ecclestone und Smith vergleichen, würde Smith den Vergleich für mich ganz knapp gewinnen.

    Vor Moffat und seinen Schreibern kann man einfach nur den Hut ziehen. Denn nicht nur die Moffat Folgen waren großartig. Die Vincent Folge fand ich extrem stark, weil der Ton so anders war.

    Ich freue mich wirklich auf die nächste Staffel. Gerade weil wir ja mehr zu River erfahren sollen. Ich hoffe jedoch das man Rory irgendwo im Weihnachtsspecial verliert. Der wirkt immer wie das fünfte Rad am Wagen. Doctor und Amy funktionieren. Doctor, Amy und Rory aber leider weniger.

  5. 5
    Dent42 schrieb:

    Ein Favorit war immer Tennant, aber über Geschmack lässt sich nunmal nicht streiten. Die Season war doch gelungener als befürchtet, es gab keine absoluten highlights, aber auch keine Tiefpunkte. Das Finale fand ich ziemlich unterhaltsam, auch wenn es storytechnisch ein totaler clusterfuck war und irgendwie keinen Sinn ergeben hat, ein Kunststück was nur wenige Autoren fertig bringen. Es bleibt also noch Luft nach oben für Staffel 6.

  6. 6
    sab schrieb:

    Ob man die neue Staffel mag oder nicht, hängt natürlich stark von den Sympathien ab, die man Matt Smith entgegenbringt. Ich gehöre ganz klar zu der Gruppe, die absolut begeistert von ihm ist — er verkörpert genau den Typ „Doctor“, wie er meiner Idealvorstellung entspricht. Batzman von den 5Filmfreunden stört sich unter anderem daran, dass der Doctor zu oft als verwirrter Trottel dargestellt werde, und Amy den Tag retten muss. Was ihm also gar nicht gefällt, finde ich wiederum hochsympathisch — diese Charakterzüge erinnern mich stark an den klassischen „zerstreuten Professor-Typ“ à la Doc Brown aus Back to the Future. Es betont auch die Rolle des Companion, der nicht nur als Mitläufer mitgeschleppt wird.

    Natürlich kann man zu Recht bemängeln, dass es am Ende keine übliche abgeschlossene Auflösung des Season-Mystery gibt, sondern einen Cliffhanger (die Ursache für die Explosion der Tardis ist nachwievor unklar). Aber mein Hauptkriterium für jede Serie und jeden Film ist immer noch die Frage, ob ich mich gut unterhalten habe. Und das habe ich bei dieser Staffel definitiv.

    Dennoch sehr interessant, dass die Ansichten so auseinander differieren, offenbar scheinen Moffat/Smith doch stärker zu polarisieren als angenommen.

  7. 7
    Michael schrieb:

    Ich mochte alle drei Darsteller des Doktors seit der Rückkehr 2005 und ob eine Folge von Russell T Davies oder Steven Moffat geschrieben wurde, darauf habe ich eigentlich nie geachtet.
    Meine Lieblingsepisoden sind The Impossible Planet und The Satan Pit.
    Abgesehen davon, dass ich Matt Smith für einen würdigen Nachfolger von David Tennant halte und mir auch Amy Pond aufgrund ihrer Unbekümmertheit und ihres Sexappeals gefällt, wurden im Beitrag bei F5 doch einige Punkte erwähnt, die mir vielleicht auch erst im Nachhinein durch des Lesen des Beitrags aufgefallen sind und die recht gut beschreiben warum ich mich nicht immer gut unterhalten fühlte.
    Das Finale hat mich doch ziemlich enttäuscht, aber vielleicht gelingt mit der vollständigen Aufklärung noch eine Rehabilitierung.

  8. 8
    juliaL49 schrieb:

    Wer Antworten zumindest zur aktuellen äh abgelaufenen Staffel möchte, findet hier eine umfangreiche Aufstellung:
    http://www.denofgeek.com/television/529293/explaining_doctor_who_the_big_bang.html

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